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Die wahre Schranke der kapitalistischen Produktion ist das Kapital selbst

Der periodische Charakter der Krisen konnte diese in der Tat als schwere Hypothek des Kapitalismus, aber doch gleichzeitig als bloß zeitweilige Unterbrechung der Akkumulation und somit als bloß relative innere Schranke des Kapitals, erscheinen lassen. Dennoch lässt Marx auch bei seiner Darstellung des Krisenmechanismus keinen Zweifel daran, dass sich die Krise nicht linear, sondern progressiv entwickelt, eine ansteigende historische Tendenz aufweist. Wenn der letzte Grund der Krise darin besteht, dass die durch Konkurrenz erzwungene Entwicklung der Produktivkräfte Arbeit überflüssig macht und damit die Substanz des Kapitals wegätzt, ist auch klar, dass das beständig erhöhte Niveau der Produktivkräfte auch die Krise in immer größeren Dimensionen herbeiführt. Und dann ist auch denkbar, dass das Kapital eine absolute innere Schranke erreicht, ein Niveau der Entwicklung auf dem nicht mehr genug menschliche Arbeitskraft neu reabsorbiert werden kann, um den Selbstzweck der Kapitalakkumulation wieder in Schwung zu bringen.
Welcher Hohn: Nachdem ein Jahrhundert der schrecklichsten immanenten Kämpfe endlich dazu geführt hat, dass die Menschheit nichts mehr lieber will als sich schrankenlos vom Kapital ausbeuten zu lassen, ist dieser säkularisierte Gott in seiner Ausbeutungsfähigkeit impotent geworden.
Es ist [jedoch] nicht so, dass die strikte Objektivität der Krise so etwas wie einen objektiven Automatismus der sozialen Emanzipation beinhalten würde. Die Krise macht den Kapitalismus obsolet, aber sie führt keine andere Gesellschaftsordnung herbei. Das müssen die Menschen schon selbst tun.

Quelle: Robert Kurz: Marx lesen. 2001. Eichborn Verlag